Resilienz in stürmischen Zeiten – Wie Kinder und Jugendliche an Krisen wachsen können

Veröffentlicht am 14. Juli 2025 um 17:54

Krisen gehören zum Leben wie Gewitter zum Sommer. Doch während manche Menschen daran zerbrechen, scheinen andere sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Was ist ihr Geheimnis? Es ist Resilienz – die psychische Widerstandskraft. Und die gute Nachricht: Resilienz ist nicht angeboren, sondern kann gezielt gefördert werden. Besonders bei Kindern und Jugendlichen lohnt sich dieser Blick, denn was wir in der Kindheit lernen, trägt uns ein Leben lang.

Was genau ist Resilienz?

Resilienz stammt vom lateinischen resilire – „zurückspringen“ oder „abprallen“. Psychologisch beschreibt sie die Fähigkeit, trotz widriger Umstände psychisch gesund zu bleiben und sich nach Krisen wieder zu erholen.

Die amerikanische Entwicklungspsychologin Ann Masten bezeichnet Resilienz als die „gewöhnliche Magie“ des Lebens – ein Zusammenspiel von Schutzfaktoren, die uns helfen, Herausforderungen zu bewältigen. Studien zeigen: Kinder, die in Armut, Gewalt oder instabilen Familienverhältnissen aufwachsen, aber resiliente Merkmale entwickeln, haben deutlich bessere Chancen auf ein gesundes, stabiles Leben (Masten, 2001).

Die wissenschaftlichen Grundlagen: Was macht Kinder resilient?

Forschung zeigt, dass Resilienz keine einzelne Fähigkeit ist, sondern ein Zusammenspiel aus individuellen, familiären und gesellschaftlichen Schutzfaktoren (Werner & Smith, 1982; Luthar, Cicchetti & Becker, 2000):

  1. Individuelle Schutzfaktoren

    • Selbstwirksamkeit: Das Vertrauen, etwas bewirken zu können.

    • Optimismus: Die Fähigkeit, auch in Krisen einen Hoffnungsschimmer zu erkennen.

    • Emotionsregulation: Gefühle wahrnehmen, benennen und steuern können.

    • Problemlösefähigkeiten: Kreativ und flexibel denken.

  2. Familiäre Schutzfaktoren

    • Mindestens eine stabile Bezugsperson, die bedingungslos unterstützt.

    • Offene Kommunikation, in der Gefühle und Sorgen Platz haben.

    • Routinen und Rituale, die Sicherheit vermitteln.

  3. Soziale und gesellschaftliche Schutzfaktoren

    • Ein unterstützendes Umfeld (z. B. Schule, Freunde, Vereine).

    • Sinnstiftende Aufgaben, bei denen das Kind Verantwortung übernehmen darf.

    • Partizipation, also Mitbestimmung im Alltag.

Krisen als Chance?

Krisen sind unbequem, ja. Aber sie bieten auch Lernmöglichkeiten. Die Entwicklungspsychologie spricht hier von posttraumatischem Wachstum: Menschen entwickeln nach überstandenen Belastungen oft eine neue Sicht auf das Leben, reifere Beziehungen und ein gestärktes Selbstbild (Tedeschi & Calhoun, 1996).

Kinder und Jugendliche brauchen dafür jedoch die richtige Unterstützung: Ein Kind, das im Lockdown Einsamkeit erlebt hat, kann lernen, sich selbst zu strukturieren – aber nur, wenn es Erwachsene gibt, die das Kind emotional begleiten und seine Gefühle ernst nehmen.

Wie können Eltern, Pädagog:innen und Gesellschaft Resilienz fördern?

1. Verbindung vor Erziehung
Eine sichere emotionale Bindung ist die Basis jeder Resilienz. Kinder brauchen kein „perfektes“ Umfeld, sondern authentische Bezugspersonen, die da sind, wenn es schwierig wird.

2. Gefühle dürfen sein
Sätze wie „Stell dich nicht so an!“ sind Gift für Resilienz. Stattdessen hilft es, Gefühle zu benennen („Ich sehe, du bist wütend. Was ist passiert?“) und dem Kind zu zeigen: Alle Gefühle sind erlaubt – nicht alle Handlungen.

3. Selbstwirksamkeit stärken
Lass Kinder mitbestimmen: Welches Shirt willst du heute anziehen? Wie möchtest du deine Hausaufgaben einteilen? Wer Verantwortung trägt, spürt Wirkung – ein Kernelement von Resilienz.

4. Fehlerfreundlichkeit leben
Resiliente Kinder wissen: Fehler sind kein Scheitern, sondern Lerngelegenheiten. Wenn Erwachsene selbst Fehler eingestehen und offen damit umgehen, wird das Kind ermutigt, das Gleiche zu tun.

5. Sinn und Zugehörigkeit schaffen
Ob bei einem sozialen Projekt, in der Fußballmannschaft oder im Chor – Kinder, die erleben, dass sie gebraucht werden, entwickeln ein starkes Ich-Gefühl und ein Gefühl für das Wir.

Fazit: Resilienz ist lernbar

Resilienz ist keine Superkraft. Sie ist ein Prozess – einer, den Kinder nicht allein durchlaufen müssen. Mit jedem zugewandten Blick, jedem ernst genommenen Gefühl, jeder gemeinsamen gelösten Schwierigkeit wächst sie ein Stück weiter.

Und wer weiß – vielleicht ist genau die Krise von heute der Nährboden für die Stärke von morgen.

Wissenschaftliche Quellen:

  • Masten, A. S. (2001). Ordinary Magic: Resilience Processes in Development. American Psychologist.

  • Werner, E. E., & Smith, R. S. (1982). Vulnerable but Invincible.

  • Luthar, S. S., Cicchetti, D., & Becker, B. (2000). The Construct of Resilience. Child Development.

  • Tedeschi, R. G., & Calhoun, L. G. (1996). The Posttraumatic Growth Inventory.

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