Ein kritischer Blick auf die Fürsorgepflicht des Staates, den zunehmenden Drogenkonsum junger Menschen und die Folgen staatlicher Willkür
Der Konsum von Drogen unter Jugendlichen steigt – nicht erst seit der Corona-Pandemie, aber seither in alarmierendem Tempo. Von Cannabis über synthetische Substanzen bis hin zu dem scheinbar harmlosen, aber hochgefährlichen Lachgas (Distickstoffmonoxid) – die Realität auf deutschen Schulhöfen, in Jugendzentren und auf öffentlichen Plätzen zeigt ein wachsendes Problem. Und was tut der Staat? Viel zu wenig. Oder das Falsche. Oder beides.
Dieser Artikel stellt eine unbequeme, aber notwendige Frage: Kommt der Staat seiner Fürsorgepflicht gegenüber Jugendlichen wirklich nach? Oder erleben wir eine Mischung aus Wegsehen, Scheinregulation und repressiver Willkür, die junge Menschen nicht schützt, sondern stigmatisiert?
Der Schatten der Pandemie: Einsamkeit, Perspektivlosigkeit, Sucht
Während der Corona-Jahre wurde sichtbar, wie fragil die Psyche vieler junger Menschen ist. Isolation, Schulschließungen, digitale Überforderung und familiäre Belastungen haben bei vielen Jugendlichen Spuren hinterlassen. Studien des Deutschen Jugendinstituts (DJI, 2022) zeigen, dass depressive Symptome, Ängste und Suchtverhalten unter Jugendlichen signifikant zugenommen haben. Der Drogenkonsum wurde für viele zur Selbstmedikation.
Lachgas, einst in der Partyszene ein Geheimtipp, ist heute an jeder Straßenecke erhältlich – legal, billig, schnell wirksam. Doch der Rausch kann Nerven schädigen, Ohnmachtsanfälle auslösen und tödlich enden. Trotzdem ist das Thema kaum auf der politischen Agenda.
Legalisierung von Cannabis: Fortschritt oder neue Falle?
Die kontrollierte Freigabe von Cannabis seit April 2024 wird oft als Fortschritt gefeiert. Doch sie bringt auch neue Widersprüche mit sich:
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Jugendliche bleiben ausgeschlossen und sind damit weiter kriminalisiert.
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Die Grenze zwischen Konsum und Delikt wird dadurch noch unklarer.
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Eltern, Lehrer und Sozialarbeiter sind vielfach überfordert mit der rechtlichen und praktischen Umsetzung.
Ein 17-Jähriger mit einem Joint riskiert weiterhin ein Strafverfahren – obwohl die Substanz für Erwachsene legal ist. Dies führt zu einer paradoxen Situation, in der die Kriminalisierung junger Menschen fortbesteht, obwohl die gesamtgesellschaftliche Haltung zur Substanz weicher wird. Hier zeigt sich die Halbherzigkeit der Politik.
Staatliche Ignoranz – und willkürliche Kontrolle
Der Staat ist Aufsichtsorgan. Er trägt Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit seiner Bürger*innen – insbesondere der Schwächsten. Doch diese Verantwortung wird oft nur selektiv wahrgenommen:
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Präventionsangebote sind unterfinanziert, unkoordiniert oder nicht vorhanden.
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Schulsozialarbeit wird vielerorts abgebaut oder läuft ins Leere.
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Gleichzeitig erleben wir eine Zunahme von polizeilicher Kontrolle, oft an sozialen Brennpunkten, die Jugendliche in Armut ohnehin schon stark belasten.
Hier entsteht ein Bild staatlicher Willkür: Wo Unterstützung nötig wäre, kommt Strafe. Wo Schutz gebraucht wird, herrscht Schweigen.
Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck struktureller Ignoranz.
Eine Gesellschaft, die lieber wegsieht
Noch gravierender als das staatliche Versagen ist das gesellschaftliche Schweigen. Drogenkonsum bei Jugendlichen wird entweder skandalisiert oder verharmlost – aber selten wirklich verstanden.
Warum konsumieren Jugendliche überhaupt?
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Weil sie Schmerzen betäuben wollen.
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Weil sie dazu gehören wollen.
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Weil sie keine Perspektive sehen.
Wer diese Ursachen ignoriert und nur Symptome bekämpft, verkennt das Problem. Es braucht keine Symbolpolitik – sondern konsequente, interdisziplinäre Prävention, die auf Augenhöhe arbeitet, Jugendkultur versteht und junge Menschen als Subjekte mit Rechten und Bedürfnissen ernst nimmt.
Der notwendige Paradigmenwechsel
Was wäre nötig?
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Flächendeckende Suchtprävention an Schulen, in Jugendhäusern und online – wissenschaftlich fundiert, niederschwellig, multikulturell sensibel.
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Entkriminalisierung des Konsums bei Jugendlichen, gepaart mit Therapie- statt Strafandrohung.
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Aufwertung der Jugendsozialarbeit, nicht nur in Brennpunkten.
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Klare, realistische Regulierung von Substanzen wie Lachgas – inklusive Verbot für den Freizeitgebrauch durch Jugendliche.
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Gesellschaftliche Verantwortung statt individueller Schuldzuweisung.
Fazit: Es ist Zeit, unbequeme Fragen zu stellen
Ein Staat, der Cannabis legalisiert, aber Jugendlichen keine Perspektive bietet, hat seine Fürsorgepflicht nicht erfüllt. Ein Staat, der Lachgas in Supermärkten duldet, aber Jugendlichen beim Konsum mit Repression begegnet, agiert willkürlich. Und eine Gesellschaft, die Drogenkonsum von Jugendlichen lieber ignoriert als hinterfragt, macht sich mitschuldig.
Es braucht mutige Stimmen, die Missstände benennen, ohne moralisch zu werden. Und es braucht eine neue Drogenpolitik, die nicht in erster Linie bestraft, sondern versteht, schützt und begleitet.
Denn Jugend ist keine Straftat. Und wer wegsieht, macht sich schuldig.
Quellen:
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Deutsches Jugendinstitut (DJI): "Jugendliche in der Pandemie – Belastungen und Bewältigungsstrategien", 2022
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Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): "Die Drogenaffinität Jugendlicher in Deutschland 2023", Köln, 2024
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Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht): "Lachgas – unterschätzte Gefahr", 2023
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DAK-Gesundheitsreport 2024: "Psychische Gesundheit Jugendlicher in der Nach-Corona-Zeit"
Hinweis zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland (Stand: Juli 2025)
Seit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (CanG) im April 2024 gilt in Deutschland Folgendes:
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Cannabiskonsum ist legal – aber nur für Erwachsene ab 18 Jahren.
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Der Besitz von bis zu 25 Gramm zum Eigenbedarf in der Öffentlichkeit ist für volljährige Personen erlaubt.
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Im privaten Raum dürfen bis zu 50 Gramm aufbewahrt und maximal drei Pflanzen angebaut werden.
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Der Konsum ist in der Nähe von Schulen, Kitas und Spielplätzen verboten (Mindestabstand 100 Meter).
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Für Minderjährige (unter 18 Jahren) bleibt der Besitz, Erwerb und Konsum verboten und strafbar.
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Wird eine minderjährige Person mit Cannabis aufgegriffen, drohen polizeiliche Maßnahmen, aber oft wird statt einer Strafe eine Teilnahme an Präventions- oder Beratungsprogrammen angeordnet.
⚠️ Das bedeutet konkret: Jugendliche dürfen weiterhin kein Cannabis besitzen oder konsumieren. Sie sind von der Legalisierung ausgeschlossen, was in der Praxis zu einer fortbestehenden Kriminalisierung führen kann – trotz der allgemeinen Freigabe für Erwachsene.
Gemeinsam für Aufklärung und echte Alternativen
Gerade in einer Zeit, in der viele Jugendliche zwischen Überforderung und Orientierungslosigkeit schwanken, ist Aufklärung wichtiger denn je – aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Herz, Kreativität und echter Begegnung auf Augenhöhe.
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Kategorie: Jugend & Politik
von: Yildz Fluksik, Vibe X Foundry Initiative für kreative Jugendbildung & Empowerment
Lesezeit: ca. 8 Minuten
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